Du hast alle Materialien für die Auswilderung deines neuen Garten-Mitbewohners zusammen? Top! Nun geht es los:
Einrichtung des Geheges
Das Gehege wird an einer gut beschatteten Stelle aufgebaut. Mindestens der Stellplatz für das Wohnhaus sollte nicht besonnt werden, da es sich sonst zu stark aufheizen könnte.
Eine Platzierung „mitten auf dem Rasen“ verbietet sich daher. Zudem fühlen sich Igel auf freier Fläche nicht wohl. Vielmehr suchen sie Strukturen, in denen sie sich versteckt bewegen können. Optimal ist es deshalb, wenn das Gehege unter beschattenden Büschen und/oder z.B. quer durch ein Beet aufgestellt werden kann, so dass sich Pflanzen/Stauden im Gehege befinden.
Als Schutz vor einer Flucht durch Tunnelbau, wird innen (oder außen) entlang der Gitter des Geheges Steine gelegt. Als Schutz vor Überklettern, gegen unerwünschten Besuch — beispielsweise durch Streunerkatzen — empfiehlt sich eine Abdeckung des Geheges mit einem Gitter und/oder einer Plane. Ist Regen zu erwarten, ist es sinnvoll, durch eine Abdeckung einen regengeschützten Bereich im Gehege zu schaffen.
Die Wohnkammer des Wohnhauses wird komplett bis oben hin mit grannenfreiem Stroh gefüllt. Dann platziert man das Wohnhaus im Gehege so, dass es ausreichend Abstand zu den Gehege-Wänden hat. Stellt man das Haus zu nahe an die Gitter, nutzen Igel es gern als Ausstiegshilfe: Sie klettern auf das Haus und von dort über das Gehege. Das selbe gilt für das Futterhaus, falls im Gehege ein Futterhaus genutzt wird.
Die Öffnung des Wohnhauses sollte nicht nach vorn zu einer freien Fläche hin weisen, sondern eher nach hinten in Richtung von Pflanzen oder Gestrüpp weisen.
An einer regengeschützten Stelle häuft man zusätzliches Stroh auf. An diesem Vorrat wird sich der Igel bedienen, um sein Haus weiter auszustopfen.
So weit wie möglich vom Wohnhaus-Eingang entfernt platziert man das Futterhaus bzw. die Schälchen für Wasser und Futter.
Die Vollpension
Der Igel wird abends in das vorbereitete Gehege gesetzt, am besten direkt in das Wohnhaus.
Während der Gehegezeit wird täglich gefüttert. Die Fütterung erfolgt mit Igel-geeignetem Nassfutter. Dabei stellt man das Futter immer erst raus, wenn es bereits dunkel ist. Morgens müssen etwaige Futterreste entfernt werden. Dies ist wichtig, um den Igel nicht auf eine „erlernte Tagaktivität“ fehlzuprägen. Zudem ziehen Futterreste oft unerwünschte Besucher an (Fliegen, Wespen…)
Tipp: Wenn man nicht innerhalb eines Futterhauses füttert, kann man die Futterschälchen auch mit einer Untertasse abdecken. So bleibt das Futter sauber bis der Igel kommt und sich den Napf zum Fressen abdeckt.
Kot sollte — so er zu sehen ist — täglich entfernt werden. Sonst wird es schnell unschön und vor allem unhygienisch im Gehege. Bewährt haben sich als Werkzeug hierfür Grillzangen aus dem 1,- Euro-Shop. Manche Igel nehmen eine mit Stroh ausgestreute Ecke des Geheges gern als „Toiletten-Ecke“ an — andere verteilen ihre Hinterlassenschaften im gesamten Gehege (inkl. Futterschälchen). Beides ist durchaus normal.
Treten Probleme auf?
Während der Tage im Gehege gilt es, einen Blick auf das Tier zu haben:
- Frisst das Tier regelmäßig und normale Portionen? Ein gesunder Igel frisst i.d.R. jede Nacht und die verdrückten Portionen sind meist gleich groß. Frisst ein Igel dagegen mäkelig, verweigert Nassfutter und akzeptiert stattdessen nur Trockenfutter oder nur Ei etc., kann dies auf ein Problem hinweisen.
- Hält das Tier sein Gewicht bzw. nimmt zu? Bestimmte Parasiten können einen Gewichtsverlust bewirken, obwohl der Igel gute Mengen an Futter verdrückt! Deshalb sollte im Zweifelsfall das Gewicht kontrolliert werden.
- Wie sieht der Kot aus? Der Kot von gesunden Igeln besteht aus Haufen von mehr oder minder geformten Würsten. Glibberiger Kot, Durchfall oder grüner bzw. grün-gelber weicher Kot zeigt ein Gesundheitsproblem an.
- Ein absolutes Alarmsignal schließlich ist gegeben, wenn der Igel tagaktiv wird, obwohl tagsüber kein Futter im Gehege verfügbar ist.
- Weitere Krankheitszeichen findest Du hier.
Sollten sich Zweifel an der Gesundheit des Igels ergeben, bitte keine Scheu! Nicht zuwarten, sondern direkt Rücksprache mit der abgebenden Päppelstation aufnehmen. Sie kennt die Krankenakte des Tieres und kann die Situation am besten einschätzen und wird Hilfestellungen geben bzw. entscheiden, was zu tun ist.
Ab in die Freiheit
Wenn alles ok ist (bei Handaufzuchten nach abschließender Kotuntersuchung) und ein bis zwei trockene Tage/Nächte vorhergesagt sind, geht es an die Freilassung. Bitte das Gehege nicht gerade bei Regenwetter öffnen: Die Igel laufen nach der Freilassung oft deutlich weitere Wege. Dabei werden sie nicht nur sehr nass, sondern schaffen es evtl. auch nicht rechtzeitig zurück zum trockenen Wohnhaus — oder möchten nicht wieder dorthin zurück. Da sie aber vermutlich nicht „aus dem Stand“ ein sehr gutes (trockenes) Nest finden, ist Regenwetter bei der Freilassung einfach eine Belastung.
Ebenfalls wichtig: Bitte die Igel niemals direkt in ein Wochenende oder einen Feiertag loslaufen lassen! Denn die Kombination eines „erkundend loslaufenden Igels“ mit „vermehrten Gartenarbeiten am Wochenende“ ist brandgefährlich. Kaum eine der igeltypischen Gefahren fordert dermaßen viele Opfer wie die Arbeit mit Gartengeräten.
Eine gute Idee ist es daher, die Nachbarn vor der Freilassung zu informieren und aufzuklären. Dazu gibt es auch hübsche Flyer oder man kann Nachbarschafts-Netzwerke nutzen wie lokale Facebook-Gruppen oder nebenan.de.
Abbauen oder Heraussetzen
Die günstigste Methode der Freisetzung ist es, das Gehege um das Wohnhaus vorsichtig abzubauen oder einzelne Elemente zu entfernen. Öffnet man lediglich ein Törchen, wird der Igel zwar auch seinen Weg hinaus finden. Möchte er jedoch wieder zurück ins sichere Häuschen, findet er den Eingang dann aber evtl. nicht.
Alternativ kann man auch das Wohnhaus samt Igel vorsichtig aus dem Gehege heben und kurz dahinter in ein Gebüsch rücken. Da bei aller Vorsicht die Tiere dabei evtl. aufgeschreckt werden, sollte dies allerdings nicht tagsüber erfolgen, sondern erst bei Dunkelheit.
Die dritte Alternative bietet sich an, wenn im Gehege offen gefüttert wurde, zukünftig jedoch das Futter in einem Futterhaus angeboten werden soll. Dann kann man — um dem Tier das Futterhaus zu zeigen — den Igel bei Dunkelheit aus dem Gehege heraus nehmen und samt Futterschälchen in das eingerichtete Futterhaus setzen. Er wird dann seinen Weg in die Freiheit von hier aus starten.
Nach der Auswilderung
Weiterhin Wohnort(e) anbieten
Nach der Auswilderung ist es günstig, dem Igel das Wohnhaus als Angebot stehen zu lassen — gern vielleicht ein kleines (!) Stück tiefer unter Büsche gerückt (bei weiteren Entfernungen das Haus in mehreren Schritten Meter für Meter umsetzen).
Übrigens: Auch wenn direkt nach der Freilassung das Haus zunächst leer bleibt: Oft kehren die Tiere nach einigen Tagen zurück. Und gerade Weibchen sind häufig dankbar für ein geräumiges und sicheres Wurfnest. Kannst Du aber natürliche Nest-Lokationen in deinem Garten einrichten, beispielsweise Raum unter Holzstapeln oder in Benjeshecken, Reisig-/Zweigehaufen o.ä., dann werden die meisten Igel ihre Nester lieber dort bauen. Denn da geeigneten Strukturen in der Natur selten geworden sind, Igel zur gesunderhaltung aber mehrere Nester benötigen, um häufiger wechseln zu können, ist Wohnungsnot ein generell verbreitetes Problem bei Igeln.
Zufütterung ist der Hebel gegen die Todesspirale
Ganz wichtig zur weiteren Gesunderhaltung „Deines“ Igels ist die Zufütterung: Angesicht der Insekten-Knappheit ist das Tier sonst mit Sicherheit gezwungen, viel zu viele krankmachende Schnecken und Regenwürmer zu fressen. Zudem ist eine gewisse Bindung an den Garten hilfreich, um möglicherweise zukünftig auftretende Gesundheitsprobleme rechtzeitig erkennen zu können.
Für die dauerhafte Zufütterung eignet sich besonders ein spezielles Futterhaus für Igel. Darin steht das Futter geschützt vor sonstigen „Mitfressern“, indem Labyrintheingänge und Rattenklappen ungebetene Tischgäste fern halten.
Nassfuttersorten, die für Igel geeignet sind, findest Du hier aufgelistet. Hier gibt es auch eine Liste mit Trockenfutter-Sorten. Und warum spezielles „Igelfutter“ fast immer schädlich ist, ist hier erklärt. Bitte denke daran, die Futterstelle immer gut sauber zu halten (Hygiene durch Abbrühen der Schälchen und verschmutzter Stellen mit kochendem Wasser).
Überwachung und Freude am Igel-Treiben
Läuft alles gut, hast Du einen oder mehrere neue Gartengäste gewonnen. Freu dich am igelige Treiben im Garten!
Dabei lernst Du auch die Gewohnheiten und Charaktere „deiner“ Igel kennen und bekommst auch mit, wenn eines womöglich Probleme entwickelt.
Tipp: Viele Igelfreunde nutzen Wildtier-Kameras oder — falls möglich — sogar in Echtzeit übertragende IP-Kameras, um sich an den Bildern aus dem nächtlichen Garten und dem Treiben an den Igel-Futterstellen zu erfreuen.
Und sollte „dein“ Tier (oder ein dazu gezogenes Fremdtier) irgendwann erneut Probleme haben? Dann hilft natürlich wieder die abgebende Päppelstelle!
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