Titelbild totes Jungtier

Das Sterben der Herbstbabys…

Auf Grund meines Posts von heute erreichten mich ganz viele Fragen nach dem WARUM?
Warum sterben sie uns unter den Händen weg. In keiner Igelstation, die ich kenne, sieht es anders aus…

Die Gründe lassen sich kaum in 3 Worte fassen…

Dies ist ein Gastbeitrag des Tierzentrum Leuthen, zuerst 19.09.2023 erschienen hier. Wir danken für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung!

95% der Igel, die jetzt zu mir kommen, sind eigentlich viel zu klein, um ohne Mutter zu sein. Sie wiegen um die 100g oder geradeso knapp 150g… die Zähnchen sind gerade so auf dem Weg durchzubrechen oder frisch durchgekommen.

Das sind alles eigentlich noch Milchbabys…! Sie dürften gar nicht ohne ihre Mutter unterwegs sein… Sie dürften gar nicht am Tage in Beeten gefunden werden, in denen sie aus lauter Verzweiflung Dreck fressen.

Sie müssten am Tage an ihre Mutter und Wurfgeschwister gekuschelt im geschützten Nest liegen und dösen und trinken, wenn ihnen der Sinn danach steht.

Bis 250 g etwa werden Igel noch gesäugt. Ja, sie knabbern dann schon mal mit an etwas herum, aber eher um es zu erkunden, als es wirklich als Nahrungsgrundlage zu sich zu nehmen.

Wenn sie gefunden werden, am Tage, meistens schon schwach oder/und von Fliegen umlagert, dann sind sie nicht erst seit eben unterwegs und auch nicht erst seit eben unterversorgt. Die Babys warten geduldig in den Nestern, bis Mama wieder kommt. Kommt sie aber nicht wieder, dann stiefeln die Kleinen los, weil sie Hunger haben. Egal zu welcher Tageszeit.

Und NEIN, auch Igelbabys sind NICHT am Tage unterwegs, um die Umgebung zu erkunden, wie es immer noch im Netz zu finden ist.

Man kann also davon ausgehen, dass die Mama durch irgendetwas gestört wurde oder ihr etwas zugestoßen ist. Ansonsten würde sie ihre Babys nicht zurücklassen.

Katastrophaler Zustand bereits der Mütter

Nicht selten sind aber auch die Mütter in so einem schlechten Zustand, dass sie gerade die Trächtigkeit und die Geburt hinter sich bringen können.

Der Ernährungszustand unserer Igel ist verheerend. Igel sind reine Insektenfresser… und sie brauchen in einer Nacht recht viel davon, da Igel einen sehr speziellen Stoffwechsel haben. So viele Insekten hat auch der „beste naturbelassenste Garten“ nicht mehr zu bieten.

Und die Reviere, die normalerweise etwa 10 Fußballfelder umfassen, werden immer mehr beschränkt, beispielsweise indem von heute auf morgen Stabmattenzäune — widersinnigerweise direkt auf dem Boden stehend — gezogen werden, so dass sie komplett undurchlässig sind.

So sind die Igel gezwungen auf engstem Raum ihre Nahrung zu finden; eine Nahrung, von der wir wissen, dass sie zu 75% rückläufig ist…

In der Not weichen die Igel auf Schnecken und Regenwürmer aus, die aber Überträger aller Innenparasiten sind, mit der unsere Igel zu kämpfen haben und die sie einfach umbringen.

Parasiten zerstören in Lunge und Darm

In unserer Region haben die Igel 5 (FÜNF) Wurmarten gleichzeitig in sich drin: Zwei Arten in der Lunge und drei Arten im Darm…

Eine davon ist schlimmer und tödlicher als der andere — und unsere Igel haben dem nichts mehr entgegenzusetzen:

Die Lungenwürmer machen aus der Lunge Schweizer Käse und die Darmwürmer saugen sich an der Darmwand fest und verursachen schwerste Entzündungen oder durchbohren sie gleich völlig.

Die Igel haben nicht einen oder zwei Arten dieser Parasiten – sie haben ALLE gleichzeitig. Ich mag schon gar nicht mehr mikroskopieren, weil es einfach keinen Spaß mehr macht. Und es ändert sich auch nicht, ich habe nicht einen Befund dabei, der den Tag mal aufhellen könnte…

Und diese Würmer bekommen sie nicht etwa erst, wenn sie alleine Schnecken und Regenwürmer konsumiert haben… Die Babys bekommen die furchtbaren Parasiten bereits als Babys (von ihren hochgradig befallenen Müttern über die Muttermilch und Schmierinfektionen) mit auf den Weg. Ich habe Handaufzuchten hier, die bereits den Darmsaugwurm, den Kratzer und Lungenwürmer haben, ohne jemals selbst ein Füßchen ins Gras gesetzt zu haben.

Und genau das alles als Gesamtkonzept ist Schuld daran, dass die Kleinen schon mit komplett weißen Schleimhäuten hier ankommen, teilweise ohne jede Körperspannung und der Durchfall, manchmal direkt mit Blut, einfach nur aus ihnen herausläuft.

Und selbst wenn sie einigermaßen fit hier ankommen oder die Finder sie als super fit und mobil beschreiben („ist echt agil“), sind sie deswegen nicht besser dran: Das kann innerhalb kürzester Zeit kippen und macht es meistens auch… Ein Immunsystem gibt es bei ihnen nicht mehr…

In der Igelwelt ist einfach nichts mehr normal…

Dies ist ein Gastbeitrag des Tierzentrum Leuthen, zuerst 19.09.2023 erschienen hier. Wir danken für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung!

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