Warum sollte man Igel im Garten zufüttern?
Weil Igel als Insektenfresser zwingend darauf angewiesen sind, hauptsächlich Insekten zu fressen, um gesund zu bleiben — vor allem Käfer & Käferlarven (Engerlinge), dazu Raupen etc., leiden sie ganz enorm unter dem dramatischen Rückgang der Insekten:
Um 76 % ist die Masse der Insekten zurückgegangen => Das bedeutet, Igeln fehlt bis zu 3/4 ihrer Futtergrundlage!
In der Folge ernähren sich die Igel falsch, sie fressen krank machende und schlecht verdauliche Schnecken und Regenwürmer. Je schwächer sie werden, desto weniger weit können sie nachts laufen, um nach Insekten zu suchen — sie werden noch schwächer und kränker.
Die Folge ist eine Unterernährung in Kombination mit einem massiven Eintrag von Parasiten. Die Igel werden schwach und krank. Entsprechend können dann auch die Igelweibchen oft ihre Welpen nicht mehr groß ziehen, so dass nicht selten kein einziges Baby eines Wurfes mehr das erste Lebensjahr überlebt. Und auch die Igel, die das erste Jahr schaffen, haben aktuell nur noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von unter drei Jahren — sie erreichen mithin nicht einmal das „Altigel“- bzw. Erwachsenenstadium.
Dadurch sind flächendeckend ganze Populationen in Gefahr, verloren zu gehen. So warnen mittlerweile diverse Stellen davor, dass die Igel hierzulande vom Aussterben bedroht sind!
Teufelskreis durchbrechen
Der Teufelskreis von Fehlernährung und Krankheit lässt sich jedoch durchbrechen: Durch Zufütterung!
So wie es seit Generationen üblich ist, Vögel im Garten zuzufüttern, können auch Igel zugefüttert werden. Damit hilft man ihnen ungemein, denn sie können damit trotz der Insektenknappheit überleben.
Gar nicht so aufwendig
Eine zuverlässige Zufütterung ist weniger aufwendig, als man denkt: Denn es braucht gar kein teures Spezialfutter. Im Gegenteil, man kann guten Gewissens getreidefreies Katzenfutter geben, es ist i.d.R. sogar besser geeignet, als sogenanntes „Igel-Spezialfutter“.
Ein Futterhaus sorgt für zielgenaues Füttern
Zudem gibt es am Markt mittlerweile diverse praktische Igel-Futterhäuser. Solche Boxen mit zwei Eingängen inklusive Vorfluren sorgen dafür, dass wirklich nur die Igel an das Futter kommen können und man nicht womöglich die Nachbarskatzen mitfüttert. Haben die Futterhäuser zudem Klapptüren, hält dies i.d.R. auch andere ungebetene Besucher, wie beispielsweise Ratten, zuverlässig ab.
Nachts füttern
Während man die Vogelfutterhäuschen meist morgens befüllt, ist es beim Igel-Futterhaus genau andersherum: Man stellt das Futter abends hinein, wenn es bereits dunkel wird/ist und entfernt morgens die Reste — falls welche übrig bleiben.
Hygiene ist wichtig
Genau wie am Vogelhäuschen, so ist auch im Igel-Futterhaus Hygiene wichtig. Am einfachsten legt man den Boden mit einer Lage Zeitung aus. So reicht ein Griff, um Verschlabbertes und Dreck bzw. Kot zu entfernen. Bei Futterhäusern ohne Boden sollte das Häuschen von Zeit zu Zeit zudem einmal an einen frischen Platz umgestellt werden. Zur Reinigung von Boden und Wänden hat sich kochendes Wasser bewährt: So wird alles wieder hygienisch.
Wasser ist Quell des Lebens
Neben Futter ist in unseren zunehmend trockenen Sommern auch Wasser oft ein (zu) knappes Gut geworden. Wie wunderbar, wenn ein Garten einen (gegen Ertrinken gesicherten) Teich hat: Hier finden sich übers Jahr alle möglichen Tiere zum Trinken ein.
Wo das nicht gegeben ist, bietet eine täglich frisch befüllte Wasserschale für das lebensnotwendige Nass.
Was füttern?
Am gesündesten ist eine abwechslungsreiche Zufütterung mit Katzen-Nassfutter als Basis. Hin und wieder ein „schlotziges“ Rührei, ein sanft gedünsteter Hühnerflügel, etwas schwach gebratenes Rinderhack, einige Mehlwürmer (bitte nicht zu viele Mehlwürmer) oder andere getrocknete oder lebende Insekten dazu — und schon hat der Igel ohne allzu großen Aufwand einen breit aufgestellten Speiseplan.
Häufige Einwände zur Zufütterung
Generelle Einwände
In meinem Garten gibt es ausreichend natürliches Futter
Oft meinen Besitzer von Naturgärten, eine Zufütterung sei nicht nötig. Denn in ihrem Garten sehen sie Käfer, Schnecken und Regenwürmer…
Doch letztere machen die Igel ja gerade krank und die Zufütterung hat genau den Zweck, die Igel davor zu schützen, Schnecken und Würmer fressen zu müssen.
Und die Käfer im Garten? Rund drei Kilometer legen Igel im Schnitt pro Nacht zurück, um ausreichend Nahrung zu finden. Jede Nacht! Und dies bereits in Zeiten, in denen es noch mehr Insekten gab.
Wie weit müssen Igel heutzutage laufen, um auch nur halb satt zu werden? Man muss einfach wissen: Egal wie Igel-geeignet und naturnah ein Garten auch ist — ein einzelner Garten reicht niemals aus, um einen Igel allein von dem, was an Insekten darin vorhanden ist, zu ernähren. Deshalb müssen Igel auch stets wandern können. Selten aber ist rund um einen Naturgarten herum genau so viel heile Natur, dass ein Igel — womöglich sogar ein säugendes Weibchen — ohne Zufütterung noch gesund satt werden kann.
Zufüttern ändert ja nichts an der Gesamtlage
Dieser Einwand kann auch anders formuliert werden: „Wenn es zu wenige Insekten gibt, müssen Igel eben aussterben“. Tatsächlich ist das eine zwar herzlose, jedoch durchaus diskutable Überlegung.
Sie fußt allerdings auf einem traurigen Fatalismus und Hoffnungslosigkeit: Werfen wir denn wirklich die Flinte ins Korn? Wollen wir nicht lieber alles daran setzen, unsere heimische Natur und Lebenswelt wieder zu restaurieren? Es gibt viele Bemühungen, die sich auch dem Insektensterben entgegen stemmen. Und wir wollen doch hoffen (und daran mitarbeiten), dass die Natur in nicht allzu ferner Zukunft insgesamt wieder besser ins Lot kommt.
Dazu gehört, dass die Artenvielfalt unbedingt erhalten wird. Denn das weiß man: Ist eine Art erst einmal massiv zurückgedrängt, ist es enorm schwer, wieder
Im Sommer muss man aber doch nicht füttern…
Alles klar: Im Frühjahr, wenn die Igel abgemagert aus dem Winterschlaf erwachen und im Herbst, wenn die Tiere sich den dringend benötigten Speck für den Winterschlaf anfuttern müssen, ist die Notwendigkeit der Zufütterung klar.
Aber im Sommer sollte der Tisch doch reich gedeckt sein für Igel — schließlich ist dies die Jahreszeit, in der es in den Gärten nur so wuselt vor Insekten?!
Leider sind diese Zeiten jedoch vorbei: Heute gibt es nur noch einen Bruchteil der Insektenmasse, die für eine intakte Natur „normal“ und wichtig wäre. Deshalb schieben Igel auch im Sommer mittlerweile Kohldampf und fressen dann aus der Not heraus krankmachende Ersatznahrung wie Schnecken & Regenwürmer.
Hinzu kommt, dass trächtige Weibchen und insbesondere säugende Muttertiere einen enorm gesteigerten Energiebedarf haben. Zur Verdeutlichung: Während man für einen normalen, ausgewachsenen Igel bei Alleinfütterung mit Katzenfutter (z.B. Päppeltiere in Gefangenschaft) mit ca. 150 g Futterbedarf (Katzen-Nassfutter) rechnet, fressen säugende Muttertiere bis zu 250 g! Ist es für Igel schon nicht möglich, ihren normalen Energiebedarf allein auf der Basis von gefundenen Inskten zu decken, so findet eine Igel-Mutter in der heutigen Zeit mit hoher Sicherheit nicht ausreichend Insekten, um sich (und damit auch ihre Babys) damit gesund satt zu bekommen.
Deshalb wünschen Igel-Päppelstellen sich gerade auch in der Wurfzeit — also im Hochsommer — eine Zufütterung.
Im Winter hat das Futterhaus aber wirklich frei, oder?
OK, aber im Winter schlafen die Igel. Jetzt kann ich das Futterhaus abbauen? Jein.
Gesunde Igel schlafen im Winter. Nur leider zeigt sich seit Jahren, dass viele Igel nicht gesund genug sind, um die Winter durchschlafen zu können. Das liegt auch daran, dass wie zunehmend häuft längere Warmphasen haben im Winter. Solche Warmphasen sind für winterschlafende Igel sehr gefährlich, denn die Tiere fallen in einen Dämmerschlaf-Zustand, der sie enorm viel Energie kostet.
Die Folge: Immer häufiger wachen die Igel auf und benötigen dann dringend Futter (und nicht selten sogar Hilfe). Darum ist es gut, das Futterhaus auch im Winter stehen zu lassen. Ein (abgedecktes) Schüsselchen mit Trockenfutter hält sich tagelang frisch im Futterhaus und bedeutet somit keinen Aufwand. Wacht tatsächlich einer der stacheligen Gartenbewohner auf und benötigt Futter oder sogar Hilfe, so findet er dort einen rettenden Anlaufpunkt.
Gesundheitsbedenken
Werden die Igel durch Zufütterung nicht faul & fett?
Untersuchungen zeigen, dass manche Igel ihre nächtlichen Wanderungen tatsächlich etwas weniger ausgedehnt unternehmen, wenn sie über eine zuverlässige Futterstelle verfügen. Dass ein Igel sich jedoch dermaßen abhängig macht, dass er nur noch vom Nest zum Futter und zurück gehen würde, das kommt so aber eigentlich nicht vor.
Im Gegenteil kann man meist beobachten, dass Igel natürliche Nahrung immer vorziehen, wenn eine solche zur Verfügung steht. Manche Igel bleiben auch öfter einmal der Futterstelle ganz fern und besuchen diese nur alle paar Tage, andere sind tatsächlich allabendliche Besucher.
Dass Igel generell besser genährt sind, wenn sie Zugang zu einer Zufütterung haben, ist normal. Genau das ist ja auch eigentlich der Zweck der Sache — die Zufütterung soll dafür sorgen, dass die Igel nicht so sehr hungern, dass sie parasitenträchtige Fehlnahrung fressen!
Zu fett werden sollten zugefütterte Igel aber natürlich nicht. Eine möglichst abwechslungsreiche Ernährung hilft dabei, dass dies nicht passiert.
Igel haben Flöhe und Zecken…
Es stimmt, wie alle Wildtiere haben auch Igel Parasiten. Das ist völlig normal und wie gesagt, bei wirklich allen Wildtieren der Fall, die die Gärten durchstreifen. Und nicht nur Wildtiere haben Parasiten, auch die Haustiere, wie beispielsweise stromernde Katzen, tragen Zecken und andere Parasiten durch die Gegend.
Die gute Nachricht ist aber: Die Wildtier-Parasiten sind extrem eng an ihre Wirte angepasst und somit auf diese angewiesen! So sind die Flöhe spezielle Igel-Flöhe, die ohne das Blut von Igeln nicht gedeihen können. Auf Haustieren oder Menschen gehen sie rasch ein. Bei den Zecken ist es ähnlich, es gibt die hoch spezialisierte Igel-Zecke. Allerdings können Igel leider Igel auch andere Zecken aufsammeln — das Los teilen sie dann aber eben wirklich mit allen anderen Tieren im Garten.
Von daher Entwarnung: Die meisten Igel-Ungeziefer sind für Igel lästig, aber breiten sich nicht abseits des Igels aus. Dass an den Futterstellen aber für eine grundlegende Hygiene gesorgt werden sollte, ist bei der Igel-Zufütterung natürlich ebenso selbstverständlich, wie bei jeder anderen Tier-Futterstelle.
Hilfe, ich füttere Ratten an!
Ratten halten sich in der Regel lieber an herabfallendes Vogelfutter oder Nüsse an Bäumen etc. Aber ja, wenn man Igeln Futter offen hinstellt, kann dies auch attraktiv für andere Tiere — einschließlich Ratten — werden.
Dagegen helfen spezielle Igel-Futterhäuser mit Labyrinth-Eingängen und Klapptüren. Denn Ratten gehen nicht durch Türen, die über ihren Rücken streifen. Ein Igel-Futterhaus ist deshalb eine tolle Anschaffung.
Übrigens: Die gibt es mittlerweile auch mit Front-Fenster. Wer eine Nachtsicht-Kamera aufstellt, kann somit seine Gartenbesucher beim Fressen beobachten — so bekommt man ein super spannendes, selbstgemachtes Igel-TV!