Es ist soweit: Allerorten werden die Igel nun wach und brauchen jetzt dringend zuverlässige Wasserstellen und natürlich: Futter! Eine Futterstelle kann man sehr einfach einrichten, im Grunde reicht es, zur Nacht ein Schälchen unter einen Busch zu stellen. Man kann das Schälchen mit einer größeren Untertasse abdecken. Diese muss nur etwas überstehen, dann können Igel […]
Dass Igel der Zufütterung bedürfen, solange fast 80 % der Insektenmasse an Käfern etc. fehlt, ist mittlerweile unbestritten.
Doch wie gestaltet man die Zufütterung am besten so, dass tatsächlich nur die Igel in den Genuss der spezifischen Zufütterung gelangen — und nicht etwa die Nachbarskatze ungesund verfettet, weil sie am Igelfutter räubert oder sich gar ungebetene Gartengäste wie Ratten einstellen?
Die beste Lösung dafür bieten gute Igel-Futterhäuser.
Was ein gutes Igel-Futterhaus ausmacht
Ausreichende Größe
Ein Futterhaus sollte geräumig genug sein, dass darin notfalls auch zwei Igel ausreichend Platz finden, um zu fressen, sich umeinander zu drehen oder aneinander vorbei zu kommen.
Zwei Ein-/Ausgänge
Igel sind Einzelgänger und können gerade wenn es um knappe Ressourcen wie Futter geht, auch durchaus möppig gegeneinander werden. Darum muss bei einem Futterhaus sicher gestellt sein, dass ein innen befindlicher Igel durch einen nachdrängenden gesellen nicht im Haus „gefangen“ wird, sondern zur anderen Seite hin ausweichen kann.
Darum haben Igel-Futterhäuser stets zwei gegenüberliegende Ein-/Ausgänge. Dies ist ein wirklich wichtiger Aspekt und Igelhäusermit nur einem Zugang verbieten sich darum als Futterhaus.
Labyrinth-Eingänge/Vorräume
Um den Zugang wirklich auf Igel zu beschränken, haben sich Labyrinteingänge bewährt. Diese schmalen Vorräume sollen verhindern, dass sich beispielsweise Katzen die Futterschälchen einfach durch die Eingänge nach außen angeln. Da Katzen, ja sogar hungrige Füchse hierin mitunter sehr behände sind, sollten die Vorräume wirklich schmal sein und die Öffnungen zwischen außen und innen maximal versetzt.
Sollte dies nicht ausreichen und dennoch verschaffen sich Katzen Zutritt zum Futterhaus, hilft es oft, die Zugänge zu verlängern, indem man beispielsweise (geknickte) Rohrstücke außen vor den Türen anbringt.
Bodenplatte oder unten offen?
Es gibt sowohl Futterhäuser mit Bodenplatte als auch unten offene Futterhäuser. Welche Sorte man wählt, hängt ein wenig vom geplanten Aufstellplatz und den eigenen Vorlieben ab. Extrem wichtig ist nur: Eine Bodenplatte muss sich sehr gut desinfizieren lassen!
Denn um gefährliche Übertragungen von Parasiten oder Keimen am Futterplatz zu verhindern, muss das Futterhaus regelmäßig gut gereinigt und auch desinfiziert werden. Da einzellige Parasiten wie Kokzidien hartnäckige Überdauerungsstadien bilden können, gehört kochendes Wasser zur regelmäßigen Desinfektion dazu — das muss die vorhandene Bodenplatte aushalten können!
Häuser ohne Bodenplatte kann man auf ein Steinplatte oder große Fliese stellen, beides lässt sich gut mit kochendem Wasser überschütten. Es kann auch sinnvoll sein, Häuser ohne Bodenplatte immer mal so zu verrücken, dass sie auf „frischem“ Untergrund stehen.
Rattenklappen
Um Ratten vom Eindringen in die Futterhäuser abzuschrecken, bewähren sich oft (aber leider nicht immer) Schwingtüren an den Zugängen. Diese sogenannten Rattenklappen sind einfache Holzbrettchen, die in beide Richtungen schwingend in den Türöffnungen hängen. Ratten wittern bei solchen Klappen eine Falle und meiden i.d.R. das Hineingehen.
Nette Idee: Igel Life-Kino
Mittlerweile gibt es Igelhäuser mit einer durchsichtigen Scheibe in der Front. Durch die Scheibe in der Mitte kann man von außen in die Futterkammer des Igelhauses schauen. Ideal ist es, eine Kamera mit Nachtsicht auf die Sichtscheibe zu richten — ob als Wildtierkamera zur späteren Sichtung der Aufnahmen oder als WLAN-Kamera mit der Chance, das Igeltreiben jederzeit life beobachten zu können, ist dann nur eine Frage des Geschmacks und der Voraussetzungen. Auf jeden Fall ist es eine tolle Sache, seine Gartenbesucher mittels eigener „Igel-Cam“ kennen zu lernen und zu beobachten!
Woher man ein Igel-Futterhaus bekommt
Selbstbau
Ein Igel-Futterhaus kann man sich selbst bauen. Mit ein wenig handwerklichem Talent lässt sich beispielsweise ein einfaches Futterhaus aus Holz mit vergleichsweise wenig Aufwand selbst zimmern. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:
- Selbstbau von Grund auf — z.B. nach diesem Bauplan oder dieser Anleitung. Oder mit Einblick nach dieser tollen Anleitung (mein Favorit — Beitritt zur Facebookgruppe nötig).
- Selbstbau auf Basis einer fertigen Kiste oder Box, Beispiele hierfür siehst Du hier, hier oder auch hier. Eine Kombination aus leicht reinigbarer Plastikbox mit schönem Haus rundum, siehst Du hier unten.
- Aus Steinen gelegtes Futter-Labyrinth, beispielsweise so wie hier.
Fertiges Futterhaus kaufen
Bequemer ist es, ein Igel-Futterhaus fertig zu kaufen. Das ist zwar nicht ganz billig, aber allein die Materialkosten sind schon nicht ganz ohne und der Bau ist Handarbeit. Deshalb sind die Angebote qualitativ guter Igel-Futterhäuser oft auch rar bzw. Lieferfähigkeit manchmal ein Problem.
Wichtig: Die im Folgenden gelisteten Futterhäuser-Quellen sind NICHT geprüft auf Lieferbarkeit oder Qualität. Es ist einfach nur eine zufällig sortierte Sammlung von ungeprüften Lieferant*innen — bitte prüft selbst unbedingt vor einer Bestellung, ob die Häuser die wichtigen Voraussetzungen erfüllen und die Herstellenden vertrauenswürdig sind! Wir können dafür NICHT garantieren!
https://www.ebay.de/itm/255767460406
(Bausatz)
https://www.dekoversand-walter.de/futterstellen/113-xxl-igelfutterhaus-impragniert-mit-doppeleingang.html
https://www.dekoversand-walter.de/futterstellen/110-igelhaus-xl-mit-doppeleingang-impragniert.html
https://www.dekoversand-walter.de/futterstellen/114-xxl-igelfutterhaus-impragniert-eingange-vorne.html
https://www.dekoversand-walter.de/futterstellen/115-xxl-igelfutterhaus-impragniert-eingang-vornerechts.html
http://www.tautes-holzdiele.de/shop/params/category/0/item/2583717/
https://gartenetage.de/igel/igelhaus/igelfutterhaus?number=GE10178
https://www.ebay.de/itm/133417434112
Besonders gute Idee: direkt beim Igelverein kaufen
Life Hacks rund ums Futterhaus
Life Hack 1: Plastikbox ans „Innenraum“
Um den Innenraum des Futterhauses leichter hygienisch halten zu können, kann man auch eine Plastikbox mit einem umgebenden Holuhaus kombinieren. So dienst hier eine Kunststoff-Schublade von IKEA, in dem man Aussparungen für die Zugängen gesägt hat, als Innenleben eines von außen schönen Holzhauses:
Life Hack 2: Zugangsverengung mittels Steinen
Wenn ein (selbstgebautes) Futterhaus keinen Labyrintheingang hat oder wenn ein vorhandener Labyrintheingang nicht ausreicht, um beispielsweise sehr schmale und gelenkige Katzen abzuhalten, kann man den Zugang zum Futterhaus einfach durch geschickt platzierte Steine oder ähnliche Hindernisse außen vor dem Haus weiter einengt.
Im folgenden Beispiel dienen Pflanzsteine sowie weiterer Steine dazu, den Zugang zum Futterhaus für andere Tiere als den Igel zu erschweren:
Life Hack 3: Ein Futtersilo für die Urlaubszeit
Auch Igelfreund*innen fahren einmal in Urlaub — wer füttert dann die Igel? Gerade wenn die Weibchen im Sommer gerade Würfe zu versorgen haben, möchte man evtl. keine Unterbrechung bei der Fütterung riskieren. Wenn sich keine igelfreundliche Nachbarschaft findet, kann ein „Futterautomat“ die Lösung sein, die Gartenbesucher während des Urlaubes zu versorgen.
Solche Trockenfutterspender sind oft für kleines Geld zu bekommen, leider sind sie relativ hoch, so dass sie selten ins normale Futterhaus passen. In diesem Fall kann man einen kleinen Kübel nehmen und diesen zu einem Abdeckung umfunktionieren. Wichtig ist dabei, für einen soliden Untergrund zu sorgen, damit sich nicht unerwünschte Tiere einfach durch die Erde zum Futter buddeln können. Hier im Beispiel sind die Ränder auch noch mit Kupferblech verkleidet, das hält Schnecken davon ab, zum Futter zu kriechen.
Life Hack 4: Futterhaus zur Falle umfunktionieren
Ein Futterhaus mit Klapptüren kann man auch dafür nutzen, um es kurzfristig zur Falle umzubauen: So erlaubt eine weit unten um das Haus gebundene Schnur, dass Tiere über sie in das Futterhaus zwar hinein steigen (Klapptür schwingt nach innen auf), das Haus aber nicht mehr verlassen können (Klapptür wird durch die Schnur am Aufschwingen nach außen gehindert).
Das ist sehr praktisch, wenn man mal eine Nacht auf Lauer liegt für einen auffällig gewordenen Igel. Oder eben, um Ratten, die die Rattenklappen nicht (mehr) fürchten, daran „zu erinnern“, dass das Futterhaus KEINE sichere Sache ist für sie…
Kopfbild: Uwe Klabuhn
Warum sollte man Igel im Garten zufüttern?
Weil Igel als Insektenfresser zwingend darauf angewiesen sind, hauptsächlich Insekten zu fressen, um gesund zu bleiben — vor allem Käfer & Käferlarven (Engerlinge), dazu Raupen etc., leiden sie ganz enorm unter dem dramatischen Rückgang der Insekten:
Um 76 % ist die Masse der Insekten zurückgegangen => Das bedeutet, Igeln fehlt bis zu 3/4 ihrer Futtergrundlage!
In der Folge ernähren sich die Igel falsch, sie fressen krank machende und schlecht verdauliche Schnecken und Regenwürmer. Je schwächer sie werden, desto weniger weit können sie nachts laufen, um nach Insekten zu suchen — sie werden noch schwächer und kränker.
Die Folge ist eine Unterernährung in Kombination mit einem massiven Eintrag von Parasiten. Die Igel werden schwach und krank. Entsprechend können dann auch die Igelweibchen oft ihre Welpen nicht mehr groß ziehen, so dass nicht selten kein einziges Baby eines Wurfes mehr das erste Lebensjahr überlebt. Und auch die Igel, die das erste Jahr schaffen, haben aktuell nur noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von unter drei Jahren — sie erreichen mithin nicht einmal das „Altigel“- bzw. Erwachsenenstadium.
Dadurch sind flächendeckend ganze Populationen in Gefahr, verloren zu gehen. So warnen mittlerweile diverse Stellen davor, dass die Igel hierzulande vom Aussterben bedroht sind!
Teufelskreis durchbrechen
Der Teufelskreis von Fehlernährung und Krankheit lässt sich jedoch durchbrechen: Durch Zufütterung!
So wie es seit Generationen üblich ist, Vögel im Garten zuzufüttern, können auch Igel zugefüttert werden. Damit hilft man ihnen ungemein, denn sie können damit trotz der Insektenknappheit überleben.
Gar nicht so aufwendig
Eine zuverlässige Zufütterung ist weniger aufwendig, als man denkt: Denn es braucht gar kein teures Spezialfutter. Im Gegenteil, man kann guten Gewissens getreidefreies Katzenfutter geben, es ist i.d.R. sogar besser geeignet, als sogenanntes „Igel-Spezialfutter“.
Ein Futterhaus sorgt für zielgenaues Füttern
Zudem gibt es am Markt mittlerweile diverse praktische Igel-Futterhäuser. Solche Boxen mit zwei Eingängen inklusive Vorfluren sorgen dafür, dass wirklich nur die Igel an das Futter kommen können und man nicht womöglich die Nachbarskatzen mitfüttert. Haben die Futterhäuser zudem Klapptüren, hält dies i.d.R. auch andere ungebetene Besucher, wie beispielsweise Ratten, zuverlässig ab.
Nachts füttern
Während man die Vogelfutterhäuschen meist morgens befüllt, ist es beim Igel-Futterhaus genau andersherum: Man stellt das Futter abends hinein, wenn es bereits dunkel wird/ist und entfernt morgens die Reste — falls welche übrig bleiben.
Hygiene ist wichtig
Genau wie am Vogelhäuschen, so ist auch im Igel-Futterhaus Hygiene wichtig. Am einfachsten legt man den Boden mit einer Lage Zeitung aus. So reicht ein Griff, um Verschlabbertes und Dreck bzw. Kot zu entfernen. Bei Futterhäusern ohne Boden sollte das Häuschen von Zeit zu Zeit zudem einmal an einen frischen Platz umgestellt werden. Zur Reinigung von Boden und Wänden hat sich kochendes Wasser bewährt: So wird alles wieder hygienisch.
Wasser ist Quell des Lebens
Neben Futter ist in unseren zunehmend trockenen Sommern auch Wasser oft ein (zu) knappes Gut geworden. Wie wunderbar, wenn ein Garten einen (gegen Ertrinken gesicherten) Teich hat: Hier finden sich übers Jahr alle möglichen Tiere zum Trinken ein.
Wo das nicht gegeben ist, bietet eine täglich frisch befüllte Wasserschale für das lebensnotwendige Nass.
Was füttern?
Am gesündesten ist eine abwechslungsreiche Zufütterung mit Katzen-Nassfutter als Basis. Hin und wieder ein „schlotziges“ Rührei, ein sanft gedünsteter Hühnerflügel, etwas schwach gebratenes Rinderhack, einige Mehlwürmer (bitte nicht zu viele Mehlwürmer) oder andere getrocknete oder lebende Insekten dazu — und schon hat der Igel ohne allzu großen Aufwand einen breit aufgestellten Speiseplan.
Häufige Einwände zur Zufütterung
Generelle Einwände
In meinem Garten gibt es ausreichend natürliches Futter
Oft meinen Besitzer von Naturgärten, eine Zufütterung sei nicht nötig. Denn in ihrem Garten sehen sie Käfer, Schnecken und Regenwürmer…
Doch letztere machen die Igel ja gerade krank und die Zufütterung hat genau den Zweck, die Igel davor zu schützen, Schnecken und Würmer fressen zu müssen.
Und die Käfer im Garten? Rund drei Kilometer legen Igel im Schnitt pro Nacht zurück, um ausreichend Nahrung zu finden. Jede Nacht! Und dies bereits in Zeiten, in denen es noch mehr Insekten gab.
Wie weit müssen Igel heutzutage laufen, um auch nur halb satt zu werden? Man muss einfach wissen: Egal wie Igel-geeignet und naturnah ein Garten auch ist — ein einzelner Garten reicht niemals aus, um einen Igel allein von dem, was an Insekten darin vorhanden ist, zu ernähren. Deshalb müssen Igel auch stets wandern können. Selten aber ist rund um einen Naturgarten herum genau so viel heile Natur, dass ein Igel — womöglich sogar ein säugendes Weibchen — ohne Zufütterung noch gesund satt werden kann.
Zufüttern ändert ja nichts an der Gesamtlage
Dieser Einwand kann auch anders formuliert werden: „Wenn es zu wenige Insekten gibt, müssen Igel eben aussterben“. Tatsächlich ist das eine zwar herzlose, jedoch durchaus diskutable Überlegung.
Sie fußt allerdings auf einem traurigen Fatalismus und Hoffnungslosigkeit: Werfen wir denn wirklich die Flinte ins Korn? Wollen wir nicht lieber alles daran setzen, unsere heimische Natur und Lebenswelt wieder zu restaurieren? Es gibt viele Bemühungen, die sich auch dem Insektensterben entgegen stemmen. Und wir wollen doch hoffen (und daran mitarbeiten), dass die Natur in nicht allzu ferner Zukunft insgesamt wieder besser ins Lot kommt.
Dazu gehört, dass die Artenvielfalt unbedingt erhalten wird. Denn das weiß man: Ist eine Art erst einmal massiv zurückgedrängt, ist es enorm schwer, wieder
Im Sommer muss man aber doch nicht füttern…
Alles klar: Im Frühjahr, wenn die Igel abgemagert aus dem Winterschlaf erwachen und im Herbst, wenn die Tiere sich den dringend benötigten Speck für den Winterschlaf anfuttern müssen, ist die Notwendigkeit der Zufütterung klar.
Aber im Sommer sollte der Tisch doch reich gedeckt sein für Igel — schließlich ist dies die Jahreszeit, in der es in den Gärten nur so wuselt vor Insekten?!
Leider sind diese Zeiten jedoch vorbei: Heute gibt es nur noch einen Bruchteil der Insektenmasse, die für eine intakte Natur „normal“ und wichtig wäre. Deshalb schieben Igel auch im Sommer mittlerweile Kohldampf und fressen dann aus der Not heraus krankmachende Ersatznahrung wie Schnecken & Regenwürmer.
Hinzu kommt, dass trächtige Weibchen und insbesondere säugende Muttertiere einen enorm gesteigerten Energiebedarf haben. Zur Verdeutlichung: Während man für einen normalen, ausgewachsenen Igel bei Alleinfütterung mit Katzenfutter (z.B. Päppeltiere in Gefangenschaft) mit ca. 150 g Futterbedarf (Katzen-Nassfutter) rechnet, fressen säugende Muttertiere bis zu 250 g! Ist es für Igel schon nicht möglich, ihren normalen Energiebedarf allein auf der Basis von gefundenen Inskten zu decken, so findet eine Igel-Mutter in der heutigen Zeit mit hoher Sicherheit nicht ausreichend Insekten, um sich (und damit auch ihre Babys) damit gesund satt zu bekommen.
Deshalb wünschen Igel-Päppelstellen sich gerade auch in der Wurfzeit — also im Hochsommer — eine Zufütterung.
Im Winter hat das Futterhaus aber wirklich frei, oder?
OK, aber im Winter schlafen die Igel. Jetzt kann ich das Futterhaus abbauen? Jein.
Gesunde Igel schlafen im Winter. Nur leider zeigt sich seit Jahren, dass viele Igel nicht gesund genug sind, um die Winter durchschlafen zu können. Das liegt auch daran, dass wie zunehmend häuft längere Warmphasen haben im Winter. Solche Warmphasen sind für winterschlafende Igel sehr gefährlich, denn die Tiere fallen in einen Dämmerschlaf-Zustand, der sie enorm viel Energie kostet.
Die Folge: Immer häufiger wachen die Igel auf und benötigen dann dringend Futter (und nicht selten sogar Hilfe). Darum ist es gut, das Futterhaus auch im Winter stehen zu lassen. Ein (abgedecktes) Schüsselchen mit Trockenfutter hält sich tagelang frisch im Futterhaus und bedeutet somit keinen Aufwand. Wacht tatsächlich einer der stacheligen Gartenbewohner auf und benötigt Futter oder sogar Hilfe, so findet er dort einen rettenden Anlaufpunkt.
Gesundheitsbedenken
Werden die Igel durch Zufütterung nicht faul & fett?
Untersuchungen zeigen, dass manche Igel ihre nächtlichen Wanderungen tatsächlich etwas weniger ausgedehnt unternehmen, wenn sie über eine zuverlässige Futterstelle verfügen. Dass ein Igel sich jedoch dermaßen abhängig macht, dass er nur noch vom Nest zum Futter und zurück gehen würde, das kommt so aber eigentlich nicht vor.
Im Gegenteil kann man meist beobachten, dass Igel natürliche Nahrung immer vorziehen, wenn eine solche zur Verfügung steht. Manche Igel bleiben auch öfter einmal der Futterstelle ganz fern und besuchen diese nur alle paar Tage, andere sind tatsächlich allabendliche Besucher.
Dass Igel generell besser genährt sind, wenn sie Zugang zu einer Zufütterung haben, ist normal. Genau das ist ja auch eigentlich der Zweck der Sache — die Zufütterung soll dafür sorgen, dass die Igel nicht so sehr hungern, dass sie parasitenträchtige Fehlnahrung fressen!
Zu fett werden sollten zugefütterte Igel aber natürlich nicht. Eine möglichst abwechslungsreiche Ernährung hilft dabei, dass dies nicht passiert.
Igel haben Flöhe und Zecken…
Es stimmt, wie alle Wildtiere haben auch Igel Parasiten. Das ist völlig normal und wie gesagt, bei wirklich allen Wildtieren der Fall, die die Gärten durchstreifen. Und nicht nur Wildtiere haben Parasiten, auch die Haustiere, wie beispielsweise stromernde Katzen, tragen Zecken und andere Parasiten durch die Gegend.
Die gute Nachricht ist aber: Die Wildtier-Parasiten sind extrem eng an ihre Wirte angepasst und somit auf diese angewiesen! So sind die Flöhe spezielle Igel-Flöhe, die ohne das Blut von Igeln nicht gedeihen können. Auf Haustieren oder Menschen gehen sie rasch ein. Bei den Zecken ist es ähnlich, es gibt die hoch spezialisierte Igel-Zecke. Allerdings können Igel leider Igel auch andere Zecken aufsammeln — das Los teilen sie dann aber eben wirklich mit allen anderen Tieren im Garten.
Von daher Entwarnung: Die meisten Igel-Ungeziefer sind für Igel lästig, aber breiten sich nicht abseits des Igels aus. Dass an den Futterstellen aber für eine grundlegende Hygiene gesorgt werden sollte, ist bei der Igel-Zufütterung natürlich ebenso selbstverständlich, wie bei jeder anderen Tier-Futterstelle.
Hilfe, ich füttere Ratten an!
Ratten halten sich in der Regel lieber an herabfallendes Vogelfutter oder Nüsse an Bäumen etc. Aber ja, wenn man Igeln Futter offen hinstellt, kann dies auch attraktiv für andere Tiere — einschließlich Ratten — werden.
Dagegen helfen spezielle Igel-Futterhäuser mit Labyrinth-Eingängen und Klapptüren. Denn Ratten gehen nicht durch Türen, die über ihren Rücken streifen. Ein Igel-Futterhaus ist deshalb eine tolle Anschaffung.
Übrigens: Die gibt es mittlerweile auch mit Front-Fenster. Wer eine Nachtsicht-Kamera aufstellt, kann somit seine Gartenbesucher beim Fressen beobachten — so bekommt man ein super spannendes, selbstgemachtes Igel-TV!
Igel, die so krank oder geschwächt sind, dass sie nicht selbständig fressen, müssen per Handfütterung gefüttert werden. Dazu verwendet man i.d.R. Intensiv-Päppelbrei:
- Erstens ist die Akzeptanz höher, als bei reinem pürierten „Normal-Futter“. Somit werden auch eingemischte Medikamente besser angenommen.
- Zweitens können per Spritzenfütterung nur geringere Gesamt-Mengen in die Tiere gebracht werden. Deshalb ist es wichtig, den Bedarf an Kalorien und kritischen Nährstoffen/Vitaminen bereits mit kleinen Futter-Mengen abdecken zu können.
Jeder Päppler oder Päpplerin hat ein eigenes Rezept für Päppelbrei. Dies ist meines. Ich verwende hier noch „Royal Canin Convalescence Support“, eine Intensivnahrung in Form von Instantpulver, die aber mittlerweile leider vom Markt genommen wurde.
Alternativ können andere Intensivnahrungs-Varianten verwendet werden, beispielsweise RECOACTIV® Recovery Immun für Katzen, Alfavet Reconvales Tonicum for Cats, Hills a/d oder ähnliche Intensivnahrungssorten. Diese haben den sogar Vorteil, frei von Getreide- und Milchbestandteilen zu sein, sind jedoch flüssig oder breiförmig und können somit nicht genutzt werden, um den Päppelbrei anzudicken, so wie ich es mit dem R/C Convalescence Support mache.
Rezept (inkl. Alternativen zu Royal Canin Convalescence Support)
- Gut 1/4-1/3 Tasse kurz gezogener Fencheltee (möglichst bio) in einen Pürierbecher geben.
- Animonda Baby-Paté abspülen, um Gelee zu entfernen, hinzugeben.
Alternativ: 1/2 Baby-Paté plus 1/2 Hills a/d. - Ein Glas Drohnenlarven hinzu geben (sauber aus den Waben gelöst).
Alternativ: Vorbereitete Drohnenmilch verwenden. - Sehr gründlich pürieren.
- Mit Royal Canin Convalescence Support zu einem zähflüssigen, aber noch leicht schluckbaren Brei andicken.
Alternativ: Mit weniger Fencheltee arbeiten und als Nährstoff-Zusatz RECOACTIV® Recovery Immun für Katzen, Alfavet Reconvales Tonicum for Cats o.ä. nutzen. - Je nach genutztem Supplement noch etwas Probiotik zugeben. Ich mache dies aber meist erst abhängig vom jeweiligen Tier dann direkt beim Füttern.
Tipp: Der fertige Brei kann in Spritzen aufgezogen und sofort eingefroren werden. Dazu die Spritzen möglichst einzeln in den Froster legen, damit sie rascher Durchfrosten und somit weniger Nährstoffe verloren gehen.
Wann immer Bedarf besteht, ist eine Päppelbrei-Spritze im Nu aufgetaut und somit schnell fertig zur Hand.
Woche des Igels — Nahrungsmangel
Dieses Jahr wollen wir in der Woche der Igel von Päppeligeln berichten, deren Schicksal jeweils auf eine der typischen Gefahren zurückgeht, denen Igel regelmäßig zum Opfer fallen. Alle vorgestellten Igel haben überlebt, teils aber nur knapp und dank aufwendiger medizinischer Maßnahmen. Zahllose andere Igel sterben jedes Jahr aufgrund solcher Gefahren. Insektensterben = verhungernde Igel Dies […]
Gesundheit beginnt mit ausreichendem und artgerechten Futter — das ist bei Tieren nicht anders als beim Menschen. Und auch der Umkehrschluss stimmt: Ohne ausreichend gesundes Futter, werden Igel krank. Aber was fressen Igel eigentlich?
Igel sind Insektenfresser (Insectivoren).
Durch den dramatischen Insektenmangel sind Igel mittlerweile fast flächendeckend unterernährt und/oder fehlernährt
Insektenfresser sind i.d.R. hochgradig spezialisiert und so ist es auch beim Igel:
Sein Gebiss ist darauf ausgelegt, die harten Körperschalen von Käfern etc. zu knacken. Dafür hat er ein typisches Insektivoren-Gebiss aus Zähnen mit spitzen Spitzen.
Mahlende Zähne, wie sie nötig wären, um pflanzliche Kost aufschließen zu könnten, fehlen ihm dagegen komplett. Somit kann er pflanzliche Kost gar nicht ausreichend zerkleinern, damit sie überhaupt verdaut werden könnte.
Kurzer, gerader Darm
Zudem ist auch sein Verdauungssystem darauf optimiert, mehr oder weniger reine Proteinnahrung zu verdauen. Denn Insekten bestehen zum größten Teil aus reinem Protein sowie Fett. Beides kann direkt im Darm aufgenommen werden, ohne dass es eines aufwendigerem Verdauungsprozesses bedarf.
Der Darm eines Igels ist darum sehr stark verkürzt und wenig gewunden: Wo ein Pflanzenfresser einen extrem langen und verwundenen Darm benötigt (und tw. noch Zusatzmägen wie das Rind), um die Nährstoffe aus pflanzlichem Material verdauen zu können, kommt der Igel mit einem kleinen Magen und fast geraden „Kurzdarm“ aus.
Allerdings bedeutet dies auch: Futter, das eine aufwendigere Verdauung benötigt, kann der Igel nicht verwerten. Die in Obst, Gemüse oder gar Getreide enthaltenen Nährstoffe gehen mehr oder minder unverdaut 1:1 hinten wieder raus, ohne dass der Igel davon etwas hat.
Pflanzliche Nahrung kann nicht verdaut werden
Um sich gesund zu ernähren, braucht ein Igel also wirklich Insekten. Spezialisiert hat sich unser europäischer Braunbrustigel dabei vor allem auf (nachtaktive) Laufkäfer und deren Larven, Engerlinge, Raupen etc.
Die „Insektenfraktion“ sollte dabei den größten Anteil in seinem Nahrungsgemisch ausmachen.
So zeigten Untersuchungen an Igelmägen aus den 80er Jahren — also aus Zeiten, in denen es noch gesunde Insektenpopulationen in Deutschland gab — dass Igel in Deutschland ihre Energie zu 98 % aus Insekten gewannen:
Regenwürmer machten lediglich 8 % der Gesamt-Energiemenge aus, Schnecken trugen gar nur zu 1 % zur Energieaufnahme bei. Stattdessen basierte die Ernährung unserer Igel zu etwas gleichen Teilen auf Käfern und Käfer-Larven/Engerlingen (zusammen 41 %) sowie Raupen (43 %). Hinzu kamen Maden und Ohrenkneifer.
Wo sich Gelegenheiten bieten, fressen Igel zudem auch kleinere Wirbeltiere wie Amphibien, Reptilien inkl. Schlangen — aber auch Mäuse-/Rattennester werden von ihnen geplündert sowie nachts unvorsichtig am Boden sitzende Jungvögel erlegt.
Solche einzelnen Jagderfolge ändern allerdings nichts daran, dass die regelmäßige Ernährung der Europäischen Braunbrustigel auf Insekten als Grundlage fußt.
Dramatischer Insektenschwund verursacht Igelleid
Leider sind seit einigen Jahren Insekten (nicht nur) in Deutschland praktisch flächendeckend geradezu verschwunden:
Die Zahl der Insekten in Deutschland ist nicht nur zurückgegangen, sie ist regelrecht eingebrochen: Dreiviertel aller Fluginsekten ist im Verlauf von nicht einmal dreißig Jahren verschwunden, so dass schockierende Ergebnis einer der relevantesten Studien zum Thema: In nur 27 Jahren nahm die Gesamtmasse der gezählten Insekten um 76 Prozent ab, berichten Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden im Fachmagazin „PLOS ONE“ im Oktober 2017.
Quelle: https://www.br.de/rote-liste/insekten-insektensterben-insektenschwund-bienen-schmetterlinge-grillen-kaefer-100.html
Was also bleibt einem Insektenfresser übrig, wenn seine Hauptnahrung verschwindet? Er erhöht notgedrungen den Anteil in seinem Nahrungsgemisch, der noch vorhanden ist. Im Fall des Igels sind das vor allem die Regenwürmer und Schnecken und so sehen wir, dass schon Igel-Welpen heutzutage oft direkt von der Muttermilch zu einer Ernährung mit dem Schwerpunkt auf Schnecken und Regenwürmern übergehen.
Das hat furchtbare Folgen!
Denn erstens ist die Nährstoffversorgung der Igel durch Schnecken und Regenwürmer schlecht: Beide sind deutlich schwieriger zu verdauen, enthalten schlechter zugängliche Proteine und im Vergleich zu Raupen und Käfern kaum Fett.
Dies bedeutet, dass die Igel durch diese ungesunde „Notkost“ nicht nur fehlernährt sind, sondern insgesamt unterernährt bleiben und Defizite behalten. Dies führt zu einer dauerhaften Belastung ihren Immunsystems.
Doch es kommt noch schlimmer:
Beide Tiergruppen — Schnecken wie Regenwürmer — sind Überträger von für den Igel gefährlichen Parasiten.
So sind Regenwürmer Zwischenwirt bzw. Reservoir für Haarwürmer (Capillaria). Haarwürmer sind Innenparasiten des Darmes (Darm-Haarwürmer, C. erinacei, C. ovoreticulata) sowie der Lunge (Lungenhaarwurm, C. aerophila). Fast jeder Regenwurm enthält die Eier dieser parasitischen Würmer aus der Gruppe der Nematoden.
Frisst ein Igel Regelwürmer, so nimmt er dabei die Haarwurmeier auf. Im Igel schlüpfen die Eier und die Parasiten wandern in die Lunge ein bzw. setzen sich in der Darmwand fest, wo sie dann parasitieren.
Schnecken wiederum sind Zwischenwirte für Lungenwürmer (Crenosoma striatum). Auch diese sind weit verbreitet so dass es für Igel unvermeidbar ist, beim Fressen von Schnecken diese Parasiten aufzunehmen. Wie der Name schon sagt, wandern auch die Larven der Lungenwürmer in die Lungen der Igel ein und parasitieren dort.
Mit beiden Gruppen von Endoparasiten kommt ein gesunder Igel normalerweise ganz gut zurecht. Dies liegt u.a. daran, dass sich Igel und Parasit bereits „seit Ewigkeiten“ kennen: Sie sind seit langem evolutionär miteinander verbunden und der Igel hat somit Mechanismen entwickelt, mit diesen Parasiten klar zu kommen.
Allerdings: Dies gilt allerdings nur für gesunde, erwachsene Igel mit einer Ernährung, in der nur vereinzelt „Parasitenlieferanten“ vorkommen!
Vom Welpenalter an auf Leidenskurs
Muss sich also — wie es die Not heutzutage erfordert — ein Igel bereits von klein auf schwerpunktmäßig auf der Basis von Schnecken und Regenwürmern ernähren, ist er unter- & fehlernährt, hat ein deutlich geschwächtes Immunsystem UND nimmt zudem mit praktisch jedem Bissen mehr und mehr Parasiten auf.
Dieser Teufelskreis aus Fehlernährung und hohem Infektionsdruck durch Parasiten, ist selbst für ein an sich starkes Wildtier wie den Igel nicht mehr tolerierbar. Er wird schwer krank!
Hinzu kommt, dass natürlich auch Igelmütter von Schwächung und Parasitosen betroffen sind. So gelingt es kaum einer Igelmutter heute noch, ihre Welpen über die typischerweise vergleichsweise lange Zeit ausreichend zu säugen. Statt — wie es normal wäre — erst mit 200-250 g anzufangen, sich von Insekten zu ernähren, müssen Igelwelpen heute schon extrem früh zusehen, an eigene Nahrung zu kommen. Und natürlich besteht diese dann auch wiederum hauptsächlich aus Schnecken und Regenwürmern. Und schließlich kommt auch noch dazu, dass infizierte Muttertiere über Schmierinfektionen beim Säugen die Parasiten an ihre Babys weitergeben können. Dabei gilt ebenfalls: Je stärker parasitiert das Muttertier ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Welpen angesteckt werden.
Als wäre das nicht bereits schlimm genug, trat vor einigen Jahren nun noch ein weiterer, neuer Parasit in den Ring: Der Darmsaugwurm (Brachylaemus erinacei).
Tödlicher Darmsaugwurm
Dieser in Deutschland lange Zeit nur im Norden aufgetretener Trematode ist mit dem Leberegel verwand. Wie dieser entwickelt er sich über mehrere Zwischenstadien (Ei, Mirazidien, Zerkarien, Adulter Saugwurm) und benötigt dabei Schnecken als Zwischenwirt.
Mittlerweile ist der Darmsaugwurm nicht mehr nur im Norden, sondern in ganz Deutschland verbreitet. Dabei hat sich nicht nur das Gebiet erweitert, in dem der Darmsaugwurm vorkommt, sondern auch die Menge der Saugwürmer in ihren Verbreitungsgebieten. So waren beispielsweise noch 2019 im Kölner Raum nur etwas jeder siebte in Päppelstationen aufgenommene Igel mit dem Darmsaugwurm infiziert, in 2021 waren jedoch bereits mehr als 90 % aller aufgenommenen Igel betroffen (eigene Daten). Igel, die Schnecken fressen, sind damit einem sehr hohen Risiko ausgesetzt, sich mit diesem Trematoden zu infizieren.
Das Schlimme daran: Darmsaugwurm und Europäischer Braunbrustigel sind kaum aneinander angepasst. Aus der Infektion mit dem Darmsaugwurm resultieren extrem starke Darmentzündungen, die unbehandelt schließlich (oft auch sehr schnell) zum Tode führen. Damit ist der Brachylaemus mittlerweile deutschlandweit zu einer ernsten Bedrohung für die Igel-Bestände geworden!
Igel vor dem Aussterben
Tatsächlich sind die Bestände an Igeln zuletzt dramatisch geschrumpft und erste Stellen warnen konkret davor, dass er aussterben könnte.
Zufütterung durchbricht den Teufelskreis
Was kann man also tun, um die Igel vor dem Aussterben zu bewahren? Der wichtigste Schritt wäre es, Gärten und Landwirtschaft wieder insektenfreundlicher zu gestalten. Denn auf lange Sicht kommt nicht nur der Igel ohne gesunde Insektenpopulationen nicht aus — letztlich schädigen auch wir Menschen uns selbst.
Und hier kann jeder aktiv werden, der einen Garten besitzt oder nutzt. Laub, Totholz, verwilderte Nischen schaffen gleichermaßen Lebensraum für Igel wie auch für Insekten und kleine Wirbeltiere.
Glücklicherweise ist an manchen Stellen bereits ein erstes Umdenken spürbar, wenn beispielsweise Grünflächenämter in Parks mehr Strukturen zulassen oder Gemeinden Schottergärten verbieten. Leider hilft dies jedoch erst langfristig.
Kurzfristig bleibt nur, den Teufelskreis von Fehlerernährung und Parasiten-Aufnahme zu durchbrechen. Und dies geht nur mit Zufütterung!
Ähnlich wie man es mit Vögeln schon ewig macht, nämlich Futterhäuser aufzustellen und zu bestücken, sollten Gartenbesitzer heutzutage darum Igel-Futterhäuser aufstellen und darin ihren stacheligen Gartengästen eine gesunde Zufütterung anbieten.
Kopfbild: Kathy Büscher via Pixabay
Foto Igel-Darmtrakt: Alhaji Girgiri, Ibrahim & Gambo, Baba & Ibrahim, Bulama & BWALA, ARHYEL. (2015). Morphometric studies of some visceral organs and gastrointestinal tract of four-toed african hedgehog (Atelerix albiventris). Journal of Morphological Sciences. 32. 29-32. 10.4322/jms.071014 via ResearchGate unter Lizenz Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International.
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Igel sind Insektenfresser!
Ihr Darm ist entsprechend sehr kurz und wenig gewunden. Denn Insekten sind eine fast „reine Proteinnahrung“ und Proteine müssen nicht aufwendig verdaut werden. Sie sind praktisch direkt verfügbar im Darm und können selbst bei sehr schneller Passage des Nahrungsbreis durch den kurzen Darm gut resorbiert (aufgenommen) werden. (Mehr Details zur Ernährung von Igeln gibt es hier.)
Umgekehrt bedeutet diese Anatomie mit schneller Darmpassage aber auch: Alles, was schwieriger aufzuschließen und zu verdauen ist, kann der Igel im Darm gar nicht aufnehmen. Insbesondere pflanzliche Kost ist sehr schwierig für den Darm verfügbar zu machen (Kühe haben deshalb dafür sogar einen Extra-Magen und das Wiederkäuen „erfunden“).
Igel können mit ihren nicht-mahlenden Zähnen und dem kurzen Darm somit gar keine Nährstoffe aus pflanzlicher Nahrung gewinnen. Sie verhungern mit Vogelfutter im Bauch…
Soviel zur Grundregel. Allerdings:
Wie fast überall in de Natur gönnt sich auch der Igel „Ausnahmen“. So gehen Igel durchaus auch auf die Jagd und fressen sich gern mal durch ein Mäuse- bzw. Rattennest oder erbeuten unvorsichtige Vögel, z.B. am Boden hockende Ästlinge sowie kleinere Reptilien oder Amphibien. Und in den Zeiten, wo der Hunger groß, der Insektenteller aber noch nicht gut gedeckt ist, werden auch Schnecken und Regenwürmer verspeist.
Früher, als es noch viele Käfer gab, ernährten sich deutsche Igel Untersuchungen zufolge zu rund 80 % von Insekten. Schnecken und Regenwürmer machten nur rund 5 bzw. 8 % aus. Das waren „noch „gesunde Zeiten“!
Seit einigen Jahren sehen wir in den Päppelstationen nun ständig Jungtiere um die 200 g, die in einem nie gekannten Ausmaß und Tempo unter den Händen wegsterben, weil sie offenbar von Anfang an niemals Insekten gefunden haben, sondern sich ausschließlich von Schnecken und Regenwürmern ernähren mussten.
Und genau daran — am Fressen von Schnecken und Regenwürmern — sterben sie auch.
Warum sind Schnecken und Regenwürmer so tödlich für igel — für Jungtiere sogar noch insbesondere?
Die Antwort lautet: Weil sie haufenweise Parasiten enthalten, die die Igel umbringen:
- Schnecken enthalten die infektiösen Larven von Lungenwürmern sowie dem brandgefährlichen Darmsaugwurm (Brachylaemus).
- Regenwürmer infizieren Igel mit mehreren Arten von Haarwürmern, die im Igel dann Lunge und Darm besetzen
Parasiten sind nicht per se eine Katastrophe für ein Wildtier, im Gegenteil: Ein gesundes, gut ernährtes Wildtier hat ein starkes Immunsystem und lebt mit „seinen“ Parasiten ganz gut. Schließlich hat ein Parasit auch nichts davon, wenn sein Wirt stirbt und so hat die Natur beide Seiten i.d.R. dahingehend entwickelt, dass der Wirt einen gewissen Parasitenbefall gut tolerieren kann.
Aber wenn Igel dermaßen unterernährt und fehlernährt sind, wie es in den letzten Jahren der Fall der ist — in der Natur fehlen 75 % der früher vorhandenen Insektenmasse! —, dann kippt das Verhältnis:
- Die Igel sind abgemagert und ausgezehrt und ihr Immunsystem dadurch geschwächt.
- Sie fressen fast nur noch Schnecken und Würmer, weil sie nichts anderes mehr finden.
- Statt mit jedem 12. Bissen, nehmen sie somit mit JEDEM einzelnen Bissen Nahrung mehr und mehr Parasiten auf.
- Zudem fehlen ihnen durch die Fehlernährung wichtige Nährstoffe und Ballaststoffe in der Nahrung.
- Die Darmparasiten „klauen“ dann auch noch Nährstoffe, denn ein gestörter Darm ist nicht in der Lage, vernünftig aus dem Futterbrei zu resorbieren (aufzunehmen).
- Dies führt zu noch mehr Ausmergelung und zerstört das Immunsystem weiter.
- Und zu all dem kommt mit dem Darmsaugwurm auch noch ein „neuer“ Parasit hinzu, bei dem die gegenseitige Anpassung noch nicht gut stattgefunden hat und der sich darum auch noch hochgradig tödlich auswirkt. Bei geschwächten Tieren sowieso, aber oft sogar auch bei starken Tieren.
Was können — was MÜSSEN — wir tun?
Um unsere Igel zu schützen in einer Zeit, in der sie nicht ausreichend Insekten (Käfer, Engerlinge, Raupen etc.) finden, gibt es nur zwei Hebel, die wir BEIDE gleichzeitig bedienen müssen:
- — unsere Gartenbewohner vor dem übermäßigen Verzehr von Schnecken und Regenwürmern bewahren, indem wir Futter anbieten. Nur durch Zufütterung werden wir Unterernährung verhindern und somit die Aufnahme von Parasiten auf ein tolerierbares Maß vermindern können.
- — gegen das Insektensterben angehen.
Dabei geht es NICHT um die Honigbiene. Die braucht als behütetes Nutztier lediglich Pollen und sonst nicht viel. Schmetterlinge aber brauchen Nektar — das bieten nur ungefüllte Nektarpflanzen. Doch das reicht nicht — sie brauchen noch viel dringender HEIMISCHE Pflanzen, von deren Blättern sich ihre Raupen ernähren können. Beispielsweise kann vom leider beliebten und vielfach beworbenen „Schmetterlingsflieder“ keine einzige Raupe fressen!). Käfer wiederum benötigen unbedingt Unterholz, Totholz (Stammabschnitte, Reisighaufen, zerfallendes Laub, Kompost…) für ihre Kinderstuben und ebenfalls heimische Pflanzen, die ihnen und ihrer Brut als Nahrung dienen können. Laufkäferlarven ernähren sich von Schnecken — so bilden Schnecken durchaus eine wichtige Grundlage für Igel, aber eben „über den Umweg der Igelnahrung Laufkäfer…
In diesem Sinne: Bitte füttert die Igel — aber NIEMALS mit Schnecken oder Regenwürmern!
Und schafft Totholz in Eure Gärten, pflanzt heimische Büsche und toleriert heimische „Un“-Kräuter. Viele Insekten sind auf sie als Nahrung und Kinderstube zwingend angewiesen!
Danke!
PS: Wer gute Bedingungen für Laufkäfer, Glühwürmchen etc. sorgt, siedelt mit DIESEN sechsbeinigen Gartenbewohnern dann auch genau die „Räuber“ an, die sich tatsächlich von Schnecken ernähren!
(Foto: Stefan Keller via Pixabay, bearbeitet)