Woche des Igels — Gift

Igelin Susi in Blutlachen

Die igelige Themenwoche nutzen wir dieses Jahr, um die dringend notwendige Aufmerksamkeit auf die Gefahren zu lenken, denen unsere stacheligen Gartengäste ausgesetzt sind. Dazu erzählen wir von (ehemaligen) Päppel-Igeln, die an einer der typischen Gefahren fast gestorben wären. Die vorgestellten Igel haben überlebt, teils aber nur knapp und dank aufwendiger medizinischer Maßnahmen. Zahllose andere Igel sterben jedes Jahr aufgrund dieser Gefahren.

Rattengift tötet qualvoll, und nicht nur Ratten

Igelin Susi in Blutlachen (Originalbild)
Igelin Susi in Blutlachen (Originalbild)

Susi wurde von Gärtnern morgens auf dem Sindorfer Friedhof gefunden, offen in der Sonne auf der Seite liegend. Sie hatte Gottlob noch keine Fliegeneier auf sich, keine Maden, ein dichtes Stachelkleid und das Gewicht war gering, aber sich war nicht hinfällig mager. Es gab keine Wunden oder abgebrochenen Stacheln oder sonstige Hinweise auf stumpfes Trauma. Sie rollte sich ein, aber sehr schlapp und konnte es nicht halten. Nach einer Infusion versuchte sie, aus der Seitenlage zu kommen. Aber sie kam einfach nicht auf die Füße, als sie es doch endlich (mit etwas Hilfe) in Bauchlage schaffte, konnte sie nicht hochkommen und blieb mit allen Füßen rudernd auf dem Bauch gestrandet. Was war nur mit ihr?

Sie reagierte übermäßig auf Reize und nach kurzer Zeit schließlich lief ihr Blut aus der Nase und dem Mäulchen. Und auch das, was als Kot hinten aus Susi heraus kam, war eine blutige Suppe — alles Anzeichen einer Vergiftung mit Rattengift!

Es war reiner Zufall, dass das Gegengift zur Hand war. Denn den Weg zum Tierarzt hätte Susi nicht mehr geschafft. Dennoch schien es zunächst, dass die Konakion-Gabe zu spät kam, denn Susi kollabierte wieder in Seitenlage. Ich deckte Susi zu und ging aus dem Igelraum, um ihr Ruhe zu geben für ihren letzten Weg…

Aber Susi nutzte die Ruhe stattdessen, um sich zurück zu kämpfen. Am späten Abend stand sie wieder auf ihren Füßen — ein absolutes Wunder!

Blut-Kot von Igelin Susi
Blut-Kot von Igelin Susi

Allerdings hatte das Gift doch schweren Schaden angerichtet: Sie schien nicht mehr sehen zu können, auch der Geruchssinn war weg. Tagelang lief sie auch super hungrig an ihrem Futternapf stets vorbei. Sie musste daher von Hand gefüttert werden und es war lange Zeit unklar, ob sie jemals wieder würde in Freiheit gehen können. Daher kam sie zunächst in ein großes Freigehege, um zu testen, wie sie klarkommen würde. Und was dann geschah, ist Wunder Nummer 2:

Susi warf kurz darauf zwei Welpen und zog beide Babys vorbildlich auf. Unglaublich, wie sie die Trächtigkeit über all ihr Leiden hindurch getragen hat. Vermutlich war die Schwangerschaft bei der Vergiftung noch so frisch, dass die Föten zu dem Zeitpunkt noch autark waren.

Ihre beiden Babys — zwei Mädchen — versorgte Susi toll. Sie trug sie an zu heißen Tagen aus dem Nest in kühlere Verstecke unter dem hohen Gras. Und holte die Minis abends dann wieder ins sichere Nest zurück. Auch wenn eines der Welpen im Teeny-Alter kurzzeitig etwas schwächelte und Vitamine brauchte: Am Ende konnten alle drei „Mädels“ gesund ausgewildert werden!

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Was Du konkret tun kannst

Rattengift ist ein grausames Gift, es tötet, indem es zu inneren Blutungen führt. Igel sind nicht davor geschützt, Rattengift aufzunehmen. Denn zum einen verschleppen Ratten das in Köderboxen ausgelegte Gift und so können dann auch andere Tiere an das Gift gelangen. Auch Vergiftungen von Hunden und Katzen sind nicht selten! Zweitens räubern Igel durchaus auch in Rattennestern, wenn sie welche finden und eine geschwächte Ratte ist für einen Igel durchaus ein interessantes Beutetier. Zudem fressen Igel auch Aas und können somit das Gift auch aus Kadavern aufnehmen.

Dasselbe gilt auch für andere Gifte, auch Mäusegift kann für Igel zur qualvollen Todesursache werden — ebenso wie natürlich auch Schneckengifte wie Schneckenkorn für Igel sehr gefährlich sind. Insektide (Gifte gegen Insekten) sind gleich zweifach schlimm: Sie töten die Nahrungsgrundlage von Igeln und können zudem auch die Igel selbst vergiften, wenn sie direkt oder über Insekten aufgenommen werden. Gleiches gilt für Pestizide, die ebenfalls (mitunter schleichend) zur Vergiftung führen, wenn sie aufgenommen werden — beispielsweise durch die Fellpflege (Lecken) nachdem die Tiere durch behandelte Pflanzenbeete gelaufen sind.

Kein Gift verwenden!

Der beste Schutz ist deshalb natürlich, gar nicht erst Gift zu verwenden. Keinem fühlenden Tier sollte ein solch schrecklicher Tod angetan werden, wie ihm Susi gerade noch von der Schippe gesprungen ist.

Ratten treten dort auf, wo sie Futter finden. Wo jegliches Futter konsequent vor ihnen verschlossen bleibt, wird der Aufenthalt für Ratten unattraktiv und die Chancen stehen gut, dass sie wegziehen. Was sonst an Möglichkeiten des Vergraulens besteht, wissen örtliche Nager-Päppelgruppen.

Auch Pestizide und Insektizide sind gleich mehrfach schädlich, denn sie vernichten die Lebensgrundlage unserer Stachelritter, indem sie die für die Insekten wichtigen Wildpflanzen abtöten — bzw. direkt die Insekten. Schnecken lassen sich im Schach halten durch die Nutzung von Hochbeeten (ggf. mit Kupferstreifen) für Nahrungspflanzen oder auch Schneckenzäune sowie eine sinnvolle Auswahl von Pflanzen. Ein reicher, lebendiger Garten benötigt wegen der Reichhaltigkeit und Vielfalt der Pflanzen kein Gift…

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