Podogymnura intermedia, eine neu entdeckte Philippinen-Rattenigel-Art

Zwei neue Igelarten entdeckt

Angesichts der sich ständig mehrenden Meldungen über den Rückgang und die Bedrohung unserer Igel, schlägt solch eine Nachricht ganz wunderbar ein: Es wurden zwei neue Igelarten entdeckt!

Allerdings muss ich der Freude direkt ein wenig an Fahrt nehmen: Die eine Art war bereits bekannt, sie wurde jedoch bisher als Unterart geführt. Nun wurde ihr auf der Basis morphologischer und genetischer Untersuchungen der Art-Status zuerkannt. Im ganz generell: Es geht um Rattenigel. Auf Mindanaos. Was die Tiere aber nicht minder interessant macht!

Rattenigel oder Haarigel

Für Europäer ist das zentrale Merkmal eines Igels sicherlich, dass er Stacheln hat. Tatsächlich aber gibt es auch Igel, die Haare haben. Das ist auch gar nicht so verwunderlich, denn die Stacheln unserer europäischer Igel sind „auch bloß“ umgestaltete Haare. Evolutionsgeschichtlich hatten von daher alle Igel ursprünglich einmal ein reines Fellkleid, nur die Gruppe der Stacheligel (Erinaceinae) haben die Haare ihrer Oberseite irgendwann im Laufe der Evolution zu den heutigen spitzen und harten Abwehrwaffen umgebildet. Die Zweite Gruppe der Igel behielt ihr Haarkleid und wird darum Rattenigel oder auch Haarigel (Galericinae) genannt.

Rattenigel gibt es heute nur noch Ost- und Südostasien. Die nun vor kurzem publizierten Untersuchungen fanden auf den Philippinen statt, wo die Rattenigel der Gattung Podogymnura („Phillipinen-Rattenigel“) endemisch leben. Endemisch bedeutet: Sie leben nur hier auf den Philippinen, nirgendwo sonst. Mindanao statt. Bisher waren „zweieinhalb“ Arten von Philippinen-Rattenigeln bekannt: P. truei truei plus als zugehörige Unterart P. truei minima aus dem Hochland von Zentral-Mindanao sowie P. aureospinula von zwei kleinen Inseln vor der Nordostspitze Spitze von Mindanao.

Nun unterzogen Forschende zum einen die bisherige Unterart P. truei minima genaueren sowohl morphologischen Untersuchungen und darüber hinaus auch mit genetischen Methoden. Dabei fanden sie heraus, dass die vermeintliche Unterart genetisch, aber auch morphologisch doch so eigenständig ist, dass sie als eigenständige Art anzusehen sei. Damit ändert sich ihr Name nun von ehemals P. truei minima in nunmehr P. minima.

Und dann fanden die Biolog*innen auch noch eine ganz neue Art in einem bislang kaum untersuchten Gebiet rund um die Berge Hamiguitan und Kampalili, die in zwei abgelegenen Bergregionen im südöstlichen Mindanao liegen. Die Rattenigel-Art, die hier gefunden wurde, wurde bisher nicht beschrieben wurden und stellt somit eine wirklich vollständig neue entdeckte Spezies dar, sie wurde P. intermedia n. sp. genannt.

Podogymnura intermedia, eine neu entdeckte Philippinen-Rattenigel-Art
Podogymnura intermedia, eine neu entdeckte Philippinen-Rattenigel-Art.
Foto: Danilo S. Balete†, Foto-Genehmigung durch Lawrence R. Heaney.

Waldbewohner, aber auch ohne Stacheln recht „igeligtypisch“

Vom Aussehen her erinnern die Philippinen-Rattenigel etwas an Spitzmäuse, sie sind allerdings mit 19-21 cm (P. aureospinula) bzw. 13-15 cm (P. truei) größer und näher verwandt sind sie mit diesen auch nicht. Und während das Fell von Spitzmäusen ja extrem fein und weich ist, kommen die Rattenigel auch mit deutlich „strubbeligerem“ Fell daher.

Anders als unsere Europäischen Braunbrustigel, die bekanntlich strukturreiches Offenland wie Knicks sowie als Kulturfolger Parks und Gärten bewohnen, sind die Philippinen-Rattenigel Waldbewohner. Ganz Igel sind sie aber ebenfalls nachtaktiv! P. minima ernährt sich größtenteils von Regenwürmern sowie Gliederfüßern, einschließlich Hautflüglern und Käfern. Ihre Fortpflanzungszeit liegt zwischen März und Juni, wobei meist nur ein, selten zwei Junge zur Welt gebracht werden. Bei der neu entdeckten Art P. intermedia fanden die Forscher*innen in den Mägen neben den Schalen von Arthropoden (Gliederfüßern) wie beispielsweise Käfern und Käferlarven, Hunderfüßer sowie Teilen von Regenwürmern auch die Operculi (Deckelchen) sowie Schalenreste von kleinen Landschnecken. Dies ist eine neue Erkenntnis, denn bislang wurden noch nie Schnecken als Nahrung für eine Podogymnura-Art nachgewiesen.

Ebenfalls bereits bedroht

So aufregend die Nachricht der Neuentdeckung(en) nicht nur aus Biolog*innen-, sondern insgesamt aus Igel-Fan-Sicht ist, ungetrübt ist die Freude auch nicht. Denn auch auf den Philippinen lebt es sich als Igel nicht sorglos. Auch hier sorgen Umweltsünden immer mehr Naturvernichtung und zur Reduzierung der einmaligen Lebensräume für (nicht nur) diese niedlichen kleinen Wald-Knopfaugen.

Kaum eine ökologische Sünde, die sich auf den Philippinen nicht finden lässt: Abholzung, Brandrodung, Monokulturen, Überfischung und Müll sind hier an der Tagesordnung.

https://franziskaner-helfen.de/projekte/hilfe-fuer-die-philippinen/

So werden beispielsweise große Monokulturen von Kokospalmen angelegt (z.B. zur Bedienung des boomenden Welthandels mit Kokosöl) sowie im großen Maßstab Energiepflanzen angebaut, um daraus beispielsweise Ethanol zu gewinnen. Hinzu kommen brutale bewaffnete Konflikte im Land.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die kleinen Philippinen-Rattenigel zumindest in den (noch) entlegenen Gebieten auf lange Zeit hin noch ihr verstecktes Leben ungestört verbringen können.

Ausgestopfter Rattenigel Hylomys suillus
Ausgestopfter Rattenigel Hylomys suillus („Kurzschwanz-Rattenigel“), eine im asiatischen Raum weit verbreitete Rattenigel-Art. Ausstellungsstück des Naturmuseum Senckenberg. Lizenz: Gemeinfrei via Wikimedia

Quelle/Originalarbeit:

Balete, Danilo & HEANEY, LAWRENCE & Rickart, Eric & QUIDLAT, ROSELYN & Rowsey, Dakota & OLSON, LINK. (2023). A re-assessment of diversity among Philippine gymnures (Mammalia: Erinaceidae: Podogymnura), with a new species from eastern Mindanao. Zootaxa. 5228. 244-266. 10.11646/zootaxa.5228.3.2. https://www.researchgate.net/publication/367117122_A_re-assessment_of_diversity_among_Philippine_gymnures_Mammalia_Erinaceidae_Podogymnura_with_a_new_species_from_eastern_Mindanao

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